Samstag, 31. August 2013

Gunda Jaron: Was bleibt



An Tagen voller Traurigkeit:
Die Sehnsucht spielt mir einen Streich
und trifft mit der Vergangenheit
sich heimlich in Phantasos Reich.

Dann spür' ich Hände, die zuvor
ich nie auf diese Art gefühlt.
Es dringen Worte an mein Ohr,
die niemand sprach. - Das Auge spielt
mit Szenen, die die Fantasie
aus alten Bildern neu erstellt,
und das Verlangen führt Regie.

Das Wunschtraum-Mosaik zerfällt
im Licht des Jetzt … Es ist zu spät.
So kehrt die Traurigkeit zurück.
Und doch – mein Spiegelbild verrät:
Ein Lächeln blieb in meinem Blick.


Gunda Jaron: Vage



Fluchtpunkt meiner Gedanken
Schattenriss
schemenhaft im diffusen Licht
der trennenden Zeit

verschwommen deine Konturen
im Nebel des schwindenden Gestern
unscharf deine Züge im silbrigen Schimmer
der Hoffnung auf morgen

wie sehr wünschte ich mir
das klare Licht des Heute
und zweifele doch
ob es nicht dein Bild

als trügerisch entlarvte

Ricardo Riedlinger: Septemberwind



Der Wind schneidet meinen Atem
in Scheiben,
die dünner und immer dünner werden,
gleich Blättern aus Papier.
Die Worte, die ich auf sie schreibe,
trägt er schnell und sacht zu Dir.
Und wenn Du schon schläfst,
dann fallen sie Dir wie im Traum
auf nackte, warme Haut.
Du spürst den Hauch,
aus Blatt wird Hand, wird Mund,
wird Kuss und scheint

Dir sehr vertraut.

Slov ant Gali: ... Gold im Munde




In der Amseln Morgenstunde
tun wir's uns ein letztes Mal.
Füttern Sehnsucht an die Hunde,
leugnen noch des Tages Qual.

Ach, ich ließe deinen Namen
ritzen in den Oberarm,
dass wir hier zusammen kamen,
hielt' ich als Erinn'rung warm.

Doch woher soll ich denn wissen,
ob dein Name wirklich stimmt.
Einmal noch wolln wir uns küssen,
eh' der Tag uns alles nimmt.

Wenn den Mittag wir verdönern,
werden wir uns Fremde sein.
Welches Glück ist denn nicht tönern,

welcher Nachbar nicht allein.

Gunda Jaron: Schade eigentlich …




Treffpunkt Stadtpark, Trauerweide.
Erstes Rendezvous. Wir beide
spinnen Fäden,
lachen, reden
ungezwungen,
auf den Zungen
tausend Fragen.
Kribbelmagen.
Herzverstehen.
Und wir gehen
Seit' an Seite,
endlos Weite
zwischen unsren sehnend' Händen.
Wenn sie doch einander fänden …
Und die Sonne strahlt voll Wonne!

Ach, ich wünscht', es würde regnen.
Könnt' dir unterm Schirm begegnen.
Darum lauer'
ich auf Schauer.
Dürft' mich endlich
selbstverständlich
an dich schmiegen.
Ganz verschwiegen
Näh' genießen,
Augen schließen,
mich verlieren
im Erspüren
deines Herzschlags. Doch … von wegen!
Denn mein Plan ist, mangels Regen,

für die Tonne. Blöde Sonne.

Slov ant Gali: So geht ’s auch …




Die Liebe zwischen Frau und Mann,
die viele Formen haben kann,
ist eine Art nur unter vielen,
am andren kreativ zu spielen.

Klar gibt's auch Liebe zur Natur.
Die hat man biolädlich pur.

Manch Pfarrer liebt zutiefst po-ethisch
das ihm vertraute Kind kathetisch.
Manch Liebe scheint dadurch berüchtigt,
dass der, der liebt, den andren züchtigt.

Der eine liebt die ganze Welt,
der nächste nur sein ganzes Geld.
Der eine liebt vermittels Pfoten,
des andern Liebe ist verboten.
Der eine liebt den Nebenmann,
den er gebraten essen kann.
Die Reihe fände nie ein Ende,
denn Liebe geht durch viele Hände.

Die Lieb zur dir blüht grad voll Pracht -
komm her,

uns bleibt nur diese Nacht!

Ricardo Riedlinger. Liebe im Winter



Wirbelnd toben draußen Stürme,
eisig pfeift der Wind ums Haus,
schneeverhüllt der Städte Türme,
keiner wagt sich heut' hinaus.

Ich jedoch geh' durch den Schnee,
halb erfroren meine Hände,
spüre kaum noch Ohr und Zeh',
wann hat alles nur ein Ende?

Endlich habe ich's geschafft,
mich zu Dir hindurchzuringen,
Körper Eis, der Mut erschlafft,
nochmal könnt mich keiner zwingen.

Die schwere Quälerei jedoch
wirst Du bezahlen müssen:
Warmer Ofen, heißer Tee ?

Neeee

Gunda Jaron: Gut getarnt




Zwei Menschen namens 'Ich' und 'Du',
die treffen sich zum Rendezvous
an ganz geheimem Ort.

Ein jeder kann die zwei dort seh'n
und alle, die sie seh'n, versteh'n
ganz deutlich jedes Wort.

Die beiden turteln im Versteck
und lachen allen andern keck
ins Antlitz, permanent!

Sie sind, was ganz vortrefflich nützt,
durch bunte Masken so geschützt,
dass man sie nicht erkennt,

denn Du und Ich, die tarnen sich
als Lyrisch-Du und Lyrisch-Ich.
So trau'n sie sich ins Licht.

Ihr Ort geheimen Stelldicheins
und fantasiegewebten Seins

ist nämlich – ein Gedicht.

Freitag, 30. August 2013

Gunda Jaron

Gunda Jaron hat eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin absolviert, viele Jahre in diesem Beruf gearbeitet und dabei ihre Leidenschaft für das Schreiben von Gedichten und Kurzgeschichten entdeckt. Veröffent-lichungen von ihr sind in diversen Anthologien zu finden, 2012 gewann sie  den Lyrischen Lorbeer in Silber. Sie wohnt in der Region Hannover, ist verheiratet und hat eine erwachsene Tochter.

Ricardo Riedlinger

Ricardo Riedlinger hat aus der Not heraus eines seiner Hobbys zum Beruf gemacht: Planung, Beratung und Ausführung sämtlicher Natursteinarbeiten ausgenommen den Grabmalbereich. Am liebsten würde er täglich auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen und da das schwer geht, versucht er es wechselweise mit dem Schreiben und Malen. Er selbst bezeichnet sich der Aura seines Sternzeichens Krebs sehr verbunden: mal launische männliche Diva und dann auch wieder Seelentröster … Auch er wohnt in Berlin.

Slov ant Gali

Slov ant Gali hat Außenhandelskaufmann und Lehrer studiert und in verschiedenen Berufen gearbeitet. Er ist Beratungsstellenleiter in einem Lohnsteuerhilfeverein, wohnt in Berlin, hat zwei erwachsene Kinder und ist geschieden. Seit vielen Jahren ist er im Vorstand des Brandenburgischen Verbandes deutscher Schriftsteller in ver.di. Letzter veröffentlichter SF-Roman „Planet der Pondos“ (Lorbeer Bielefeld 2009), letzter Lyrikband „worträume“ (petit Potsdam 2009),
 letztes Sachbuch „Gemeinschaft der Glückssüchtigen – Wie wir die Welt wollen“ (Wiljo-Heinen-Verlag Berlin 2013)

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